Tide und Wind sind günstig: alle zugleich tuckern sie aus dem Hafen, die Klipper, Tjalken und Aaken, eine lange Prozession schwarzer Rümpfe, und setzen Segel gleich hinter dem Hafenfeuer. Da verstummen die Motoren, fächert sich die Flotte auf; aus der Parade wird ein Menuett, gespreiztes Segeltuch und schaumiges Wasser, Segel hinter Segel bis zum Horizont, still und unwirklich schön. Statt Handelswaren tragen sie heute Schulklassen und Feriengäste, bunt aufs Oberdeck getupft, winkend.

Nach dem Tag liegen die alten Schiffe wieder dicht an dicht am Kai. Keins ist wie das andere, lauter Sonderanfertigungen. Die Masten schwanken kaum merklich, ein lichter Wald; der Wind rauscht in Leinen und Tauen wie in jungen Kiefern. Zwischen den Rahen hängt der Mond. Mild erleuchtet er den endlosen Abend. Unter das Gluckern des Hafenwassers mischen sich Gespräche, Musik, überschäumende Stimmen. In ein paar Tagen werden die Schiffe mit anderen Gästen hier liegen, auch nach hundert Jahren immer wieder neue Fracht.

Ruhiger, aber nicht still ist es am frühen Morgen, wenn die Sonne noch Kraft sammelt. Ich trinke den ersten Kaffee aus einer dieser gläsernen Tassen, lausche an Deck Seevögeln und Motoren, Hammerschlägen, knallenden Tauen und dem Wind und erwarte den Tag. Zwei geschenkte Stunden voller Schönheit.

Die Autofahrt heim strengt mehr an als alle Arbeit an Bord. Die Aufmerksamkeit muß pausenlos sein und darf bloß nicht ins Weite; es fehlt an Wind, an Himmel. Bei Einbruch der Dunkelheit drängen sich die LKWs auf den Rastplätzen dicht an dicht, aufragende Schatten – ich denke mir Masten hinzu und ein Schwanken – im Hafen zur Nacht.

 

[Alles übers Wattsegeln.]