Mein Herz ist weit, da paßt ein ganzer Dreimaster hinein mitsamt 292 m² Segelfläche. Ich reise zum zweiten Mal mit der Albatros.

Es herrscht das rollierende Wachsystem: von null bis zwölf Uhr vier, von zwölf bis null Uhr drei Stunden pro Schicht; zu jeder dritten Wache werde ich geweckt. Zwei Toiletten für 22 Leute, Duschen im Hafen. Die Kojen sind schmale Bretter in Schlafschränken; in meine regnet es hinein, das Tropfwasser ist schwarz. Ich schlafe wie ausgeknipst unter dem Hilfsmotorröhren. Jede der viereinhalb Mahlzeiten verschlinge ich wie ein Wolf. Dazu Muskelkater, blaue Flecken, Schwielen, Sonnenbrand.

Dieses Mal ist alles einfacher: Andirken, Piek zusammen mit der Klau heißen, belegen, aufklaren. Rein Schiff. Backschaft. Ich liebe die Stunden als Rudergängerin; das Schiff knarrt im Wind, das Steuerrad zittert von der Strömung. Ich lerne und lerne. Einmal habe ich den Orion im Klüvernetz, das Schiff macht gute fünf Knoten, und die Welt ist rund. Überhaupt, der Himmel voller Sterne.

Am Ende kenne ich vor allem Menschen: den Steuermann von Mitte siebzig, der meine Fragen oft mit einem Stirnrunzeln beschweigt und der mir zum Abschied seine Lederhose schenken würde. B., der gelassen sagt: sind halt alles Menschen, und das wirklich genau so meint. A. mit dem dröhnenden Lachen, der mir von seiner Verletzlichkeit erzählt. U., die sich nicht und nicht verbiegen kann. Und all die anderen.

Es bleiben der Seegang, der mit mir heimgekommen ist, Gestank nach verrottendem Schiff in allen meinen Kleidern, unendlich viele Geschichten und Sehnsucht nach Segelsetzen. Wer hätte gedacht, daß ich mich noch einmal so verlieben könnte.






Vielen Dank für die schönen Wörter, die Sie uns mitgebracht haben.


Dieses Jahr waren sie kein Kauderwelsch mehr für mich, sondern nur noch Fremdsprache. Und, ja, schön.