Zum Festakt hat mich T. mitgenommen, das sei unterhaltsam, man müsse auch nicht hungrig nach Hause gehen, und so sitze ich im Theater im geschniegelten Publikum.

Der Preisträger und sein Laudator sind wenig ernst und schrecklich sympathisch. T. und ich amüsieren uns; in der Reihe hinter uns, wo die Sitze Namenszettel tragen, zischelt es, das dauere diesmal aber lang.

Später stehen wir oberhalb eines Meeres kulturbeflissener Scheitel und testen Häppchen. Goldene Buffetregel: wenn was runterfällt, nicht mal gucken. T. zeigt mir Prominenz (... der da neben Martenstein, der Filmemacher, der ist auch aus B.; damals noch mit Haaren bis zum Arsch ...), aber ich kenne keinen, bis, ja, bis sich plötzlich die Menge teilt und, erhobenen Hauptes und ganz in Rot, Tante I. einen Autogrammwunsch an den Ausgezeichneten heranträgt; ihr Mann wartet im Mantel. Das letzte Mal habe ich sie auf einer Beerdigung gesehen, das erste Mal beugte sie sich auf einer Familienfeier voller Wohlwollen zu mir herab. Ich bin erfreut.

Eine Weile beobachten T. und ich dieselbe Frau, bleichgepudert, wunderschön, schulterfrei. Bald schwenkt sie das Haar auf die eine, bald auf die andere Seite; bald schmollt sie, bald lacht sie perlend, bald läßt sie die Brauen über dem schwarzen Brillenbalken tanzen. Eine ältere Frau kann die Hände kaum von ihr nehmen. So jung waren wir auch mal, sagt T. Nee, meine ich, in dem Alter war ich nie, und komme mir ein wenig ungerecht vor.

Wir wollen noch ein Bier trinken gehen, aber in der Kneipe ist es zu laut. Man ist ja nichts mehr gewöhnt.