Der Himmel ist hier schon nördlich; die Nacht verspätet sich und erreicht kaum den westlichen Rand des Landes. Es ist schön, dieses Land, doch nah kommt es mir nicht.
Ins Grün und Gelb des gewohnten Fernblicks mischt sich Blau, blau wie fern, wie Ferien, wie Himmel auf Erden. Die Stadt sitzt, ein spitziger Fleck getrockneten Bluts, inmitten von Wasserflächen wie Quecksilber und Vergißmeinnicht.
Ich habe mein ganzes Leben nicht so oft „Schöne Pfingsten“ gewünscht bekommen wie in diesen beiden Tagen im Osten der Republik.
Am Bahnsteig stehen zwei Studenten; sie kommen von einer Familienfeier. Einer liest laut ein Plakat: Giu...seppe, Giuseppe Verdi! Am vierten! – Ach, spielt der hier? – Nee, eine Oper von ihm. – Der ist doch auch schon tot, oder? Zumindest nicht mehr der Jüngste. – Wollte ich immer schon mal hören; da kommen wir wieder, ja?
Einer rührt mich; unterm Arm trägt er ein fleckiges Kopfkissen, und zwischen dem Wischen auf seinem Telefon gräbt er immer wieder die Nase hinein.
Lektüre in der Bahn: Meckel, Licht, dieses schmale Bändchen, das sich vor zwölf Jahren nicht und nicht fertig lesen ließ. Heute ist das Traurige in den Hintergrund getreten; ich staune vor der wunderbaren Sprache, vor dem genauen Blick des Erzählenden auf die Liebe, der ihr doch alles Geheimnis läßt.
Und, schade, doch kein astronomischer Service an Bord des Zuges.