Mittwoch, 3. Juni 2015

Die Wirtin, die auch mit zwei neuen Knien und einer neuen Hüfte nicht aufgibt. Mit dem Rollator pendelt sie lächelnd zwischen Küche und Gastraum, Geschirr und Besteck und selbstgekochte Marmelade vorn im Transportkorb. Wer hätte da das Herz, sich wegen einer nicht ganz sauberen Tasse zu beschweren?

Die Lehrerin, die bei jedem Fehler sagt: macht doch nichts!, und der größte Fehler wäre, ihr das abzunehmen.

Der alte Mann, der seine Besitztümer auflistet, mit Kaufpreis und Anschaffungsdatum. Er kann die Listen nicht mehr lesen, er kann nicht einmal die Dinge sehen, die er zittrig notiert. Er ordnet und ordnet und ordnet, und ich weiß nicht, ob ich verstehen will, wieso.

Die Frau, die mitten in der Stadt das einzige Grün beackert, das es für sie gibt: die Baumscheibe zwischen den Parkplätzen vorm Haus. Gartenblumen hat sie darin, nichts Eßbares – die Hunde; manchmal klingelt sie und bittet, man möge ein Auto etwas zur Seite fahren, damit sie jäten kann. Dann beschließt die Stadt: Sanierung. Die Straße wird aufgerissen, die Bäume fallen, und das kleine Beet mit den eben erblühten Tagetes: weggebaggert. Die Baumscheibe soll einen Deckel aus Metall bekommen, gegen die Hunde.

Das kleine Mädchen, das in Müdigkeit und Bedrängnis nicht nach einem Stofftier jammert oder einer Kuscheldecke, sondern nach: ein Buch, ein Buch!

Der waschechte Ingenieur, Ingenieur und nichts als Ingenieur, der die Welt zerlegt und repariert und dem Poesie so nutzlos wie ein Kropf erscheint – und der dann so ein zartes, schönes Ding sagt über Spatzen, so schön, daß es mir den Atem verschlägt. (Und das vergessen zu haben ich mich gräme.)