Der Himmel ist hinter den bunten Fassaden eine weitere, in Postkartenblau. Sogar der neue Bezahlparkplatz mitten im Zentrum sieht frisch gewischt aus. Der Architekt zeigt mir seine Lieblingsbaustelle; die wird ihm lange erhalten bleiben.
Typisch Kurstädtchen: wenn Geld da ist, wird ordentlich gemacht, kommen zwei Stockwerke obendrauf, da hilft kein Denkmalschutz. Im Kurviertel sind die verbliebenen Altbauten von Pappfassaden erdrückt. Der Architekt schweigt.
In meinem alten Viertel ist die Zeit langsamer vorangeschritten. Immer noch Armeleutegegend: unbeholfene Sanierungen, Leerstand, hier und da Abbruchreifes (ja, der Denkmalschutz). So viel ungenutztes Potential, sagt der Architekt. Ich denke es mir gar nicht übel, hier zu wohnen; aber leben könnte ich hier nicht.
Die Erinnerungen umschwirren mich, aufdringlich, wie ein Schwarm Wespen. Geschäfte, die es nicht geschafft haben; gefällte Bäume, betonierte Wildnisse, wer alles gegangen ist und wer alles schon nicht mehr lebt.
Keine Nacht in der Stadt, die mich aufbringen kann wie keine zweite. Ich verlasse sie ratlos, ein wenig traurig, sehr erleichtert.