Das Mädchen mit der Blondmähne sitzt ganz still und hält sich gerade, wenn die Tram in die Kurven geht. Der Junge daneben paßt gut zu ihr; er hat den Kopf auf ihre Schulter gelegt, sein bartloses Gesicht ist ganz weich im Schlaf. An der Endstation steigen beide aus und gehen davon, allein miteinander auf einem leichteren, stilleren Pfad im Stadtgewühle.

Im Bahnhof habe ich Zeit unter Massen von Menschen mit prallen Weihnachtseinkaufstüten. Ein Mann fällt mir auf, bebrillt und in verbeultem Anzug, der jemanden grüßt mit einer fließenden Bewegung der Hand zu Stirn und Brust; mit mir hat das nichts zu tun, doch die Schönheit dieser Geste nehme ich dankbar auf.

Am Bahnsteig spricht mich einer an, schwankend, aber zuversichtlich, er sei so scheißbetrunken, wo er denn hinmüsse? Viele, viele Zettel kramt er aus den Taschen, bis es endlich der Fahrschein ist; scheiße, er wisse nur noch, daß sein Name Gottfried sei. Laut und langsam: ein Gleis weiter, eine halbe Stunde warten. Und gleich noch einmal. Fährst du auch mit meinem Zug?, fragt er hoffnungsvoll, aber nein, da kommt schon meine Bahn. Er schüttelt mir wärmstens die Hand. Ich sähe so, so intelligent aus, was ich denn für einen Beruf habe? Ich sage ihm etwas, von dem ich annehme, daß es im aktuellen Zustand in sein Hirn paßt, da steht er ein Weilchen still. Zum Abschied siezt er mich. Ich wünsche ihm einen guten Heimweg; Gottfried winkt mir hinterher, dann spricht er den nächsten an.

Im Großraumwagen schließlich Ruhe. Ich lese ein Buch übers Bahnfahren. Kein Kaffee, danke. Die Nacht kommt früh; ich will sie heute in aller gebotenen Müdigkeit begrüßen.