L ist das einzige mir bekannte Kind, das gern in Museen geht. Sie hält die Eintrittskarte mit so leuchtendem Blick zum Abreißen hin, daß die Frau am Eingang ihr länger hinterherschaut.
L liebt die Geschichten zu den Exponaten, nur die grausamen nicht. Für die erfindet sie Happy-Ends; Zehnjährige haben ja noch für alles eine Lösung. Als sie sich vor einem Bild auf den Boden setzt und Fragen stellt – ich setze mich der Einfachheit halber daneben –, kommt die Aufsicht im Minutentakt vorbei; jedes Mal eine andere.
Stunden später sind wir durch. Sie fragt: Schon?
So gern hätte sie die Sonderausstellung von den Plakaten gesehen, aber die, muß ihr der Mann an der Kasse sagen, ist schon geschlossen. Aberaber, fügt er hinzu, er hat hier eine Postkarte, die schenkt er ihr, und wenn sie in ein paar Wochen noch mal kommt, gibt es ganz neue Herrlichkeiten zu sehen ...
L hat die Fähigkeit, vollkommen hingerissen zu sein von Dingen, bei denen man das nicht erwartet. Ein Staun-Wunderkind.