So weiß und winzig liegt sie, kaum auszumachen unter den Decken gegen den Schüttelfrost, und klagt wie ein Kind: Ihr geht es gar nicht gut, der Kopf tut weh, und sie kann sich nicht erklären, wie sie hier gelandet ist. Sie weiß noch, daß sie beim Schwiegerenkel zum Essen wollten, aber nicht mehr, daß sie an der zweiten von drei Treppenstufen hängengeblieben, dem Gefährten aus dem Arm gerutscht und rücklings auf die Betonplatten geschlagen ist; sie selbst hat zum Glück nicht gehört, wie sie in Scherben ging.
Wie ein viel zu müdes Kind reißt sie immer wieder die Augen auf; fragt nach dem Gefährten; ob wir morgen alle zum Kaffee kommen; daß das so knirscht in ihren Ohren; und danke, danke für die warmen Decken.
Es ist, sagt man uns, ernst, aber nicht hoffnungslos. Diagnostik und Behandlungspläne, Medikation, kurz- und langfristige Maßnahmen, und erst mal die Feiertage. Derweil schaut sie von einem zum anderen, die Schönheit, die bei ihr um Stirn und Nase liegt, ist noch da und herzzerreißend.
Die Nachtschwester kontrolliert die Infusion und streicht ihr übers Haar. Wie gut, sagt B (noch ein Glück! selbst vom Fach), dass sie so eine niedliche Kranke ist. Da kümmern sich alle gern, und das kann sehr wichtig sein.
Als wir gehen, ist es still auf Station; im Licht der Monitore sehe ich durch den Türspalt, wie sie uns, wo sie doch längst schlafen sollte, hinterherwinkt.
Alles Gute der niedlichen Kranken. Möge sie soweit genesen, dass sie noch ein paar Jahre lebenswertes Leben vor sich hat (wobei natürlich die Frage ist, was sie selbst als lebenswert betrachtet). Meine Oma war auch so eine niedliche Kranke, alle Pflegeschüler*innen haben sie verwöhnt.