Kein guter Morgen, wenn man geweckt wird von lautem Schlorchzen aus dem Bad, wo Fremdabwasser sich einen Weg aus der Toilette bahnt.

Schnell jetzt. Im Haus verbreiten: bitte nicht spülen. Den Haupthahn zudrehen, falls einer doch. Klempnernotruf: Firma Nummer drei hat genügend Leute, ja, wir kommen. Halbe Stunde.

Eine, na, noch eine, vielleicht drei halbe Stunden auf das Strömen in den Eingeweiden des Hauses lauschen und auf das Plitsch und Plätsch im Bad. Allerhand Textiles ruinieren. Müllsäcke füllen. T. schickt derweil mitfühlend einen Link zum Lied von Reinhard Mey.

Endlich die Klingel: grimmig stapfen zwei Mann in Rot ins Haus, ohne Umschweife ins Bad. Beide sind kahl und kleiner als ich; einer, echt jetzt, Italiener, der andere sehr von hier. Sie gehen direkt ans Werk.

Das sind die Leute, für die Gummihandschuhe erfunden wurden. Ihr flexibler Bohrer frißt sich durchs Leitungsgekröse, es klingt furchtbar, aber sie unterhalten sich über Fußball; da bin ich beruhigt.

Dauert gar nicht lang, und eine Kamera wird in die Tiefe geschickt. Schattenhaftes, Kurven, dann ein Schwall Wasser: hurra, es läuft, ich kann es auf dem Bildschirm sehen! Die Handwerker teilen meine Begeisterung; die Kamera erspare ihnen, Toiletten abzumontieren.

Schließlich ist vom ganzen Spuk nichts übrig als eine übelriechende Pfütze. Ich überlege kurz, Kaffee anzubieten, aber ich hätte bloß Schokoladenkuchen da.

Später, beim Kaffee mit T., habe ich eine Bäckertüte mit Weihnachtsplätzchenaufdruck und dem Slogan: Endlich Winter! Ein Unglück, meint T., kommt halt selten allein.





Von C. habe ich eine kleine Uhr geerbt, meine erste seit, was, dreißig Jahren, die ich der Bequemlichkeit halber in der Hosentasche trage. Manchmal setzt ihr Sekundenzeiger aus, während es irgendwo innen weitertickt, manchmal bleibt sie ganz stehen, und was sie als Datum anzeigt, kommt meist noch oder war schon längst. Die einzig mögliche Uhr für mich: sie belästigt mich nicht mit Zuverlässigkeit. Sie zerstückelt nicht die Zeit, sondern erinnert an sie.

Hier und da entkomme ich in Gedrucktes. Das ging schon leichter, aber manchmal geht es eben doch.

Wetter-/Weltlage: als könnte was Flammendes vom Himmel auf mich fallen, träte ich vor die Haustür. Ich mache stattdessen Wäsche, die Wollsachen, das Beerdigungshemd. Feucht in Form ziehen, liegend trocknen. Einmotten, voller Hoffnung.





Das eigene Gewicht in Haferbrei, und draußen Regen.

Endlich, endlich fertig: das Erbstück, das Wahnsinnsprojekt. Jetzt ist es aus meinen Händen, sehr anständig ist es geworden, C. hätte es gefallen. Und es wird, wie's aussieht, noch zur rechten Zeit erscheinen. Einen Blumenstrauß habe ich dafür bekommen. Und ich besitze jetzt die Blaupause für Sammelbände nach Belieben; ich fürchte mich schon.

Jetzt: zwei Tage schlafen, bitte. Oh, und Rindfleischsalat, aus dem Zwerchfell; das wäre schön.





Im Traum rammt Enoch zu Guttenberg den Taktstock in meinen Bauch und zwirbelt mir energisch die Eingeweide auf. Ich kenne den Mann gar nicht, aber er macht mir zum Schlaf den Schmerz plausibel.

Bei Tag schickt man mich ins Krankenhaus und ordnet, weil: "ist nichts" gibt's nicht, Untersuchung nach Untersuchung an.

Es ist etwas Seltsames mit der Zeit in Krankenhäusern. Alle, die hier arbeiten, hasten mit wehenden Kitteln auf raschen Gummisohlen, alle Insassen, ob krank oder man weiß es nicht, wie ich, sitzen und schlurfen auf den Gängen herum, grad so ohne festzuwachsen. "Gleich" ist hier ein dehnbarer Begriff. Die Frau Doktor kommt gleich, zwei Stunden später stürmt sie zur Tür herein; sagt: ich muß Ihren Befund holen, bin gleich zurück, und die Bäume unten an der Straße werden grün darüber.

Ich werde ("man könnte noch") für eine Untersuchung "schnell dazwischengeschoben" und schlurfe, meine Akte unterm Arm, treppauf, treppab durch die Gebäude; an der Anmeldung fragen sie, ob ich geflogen sei. Dann sitze ich noch knapp zwei Stunden in einem und ("gleich") eine halbe in einem anderen Wartezimmer. Die Untersuchung wird gemacht, aber der Spezialist zum Auswerten ist erst morgen wieder da.

So bleibe ich ("es könnte ja") auf Station. Hinter der Fensterscheibe färbt der Himmel sich und beschlägt mit Nacht, die Sterne sind einer nach dem anderen plötzlich da, ohne daß ich gesehen hätte, wie. Die Aussicht hier ist besser als daheim.

Das Essen nicht. Am nächsten Morgen, als (schon Stunden in den Tag) auch der Spezialist nichts finden konnte, will ich nach Hause. Man könnte noch, sagt die Ärztin, aber, danke, nein. Kommen Sie wieder, wenn noch etwas ist, und ich würde es wirklich tun.

Gegen Abend endlich bin ich wieder, wo die Zeit nicht klebt wie Leim. Aus den großen Boxen Clicks & Cuts, wie eine verklärte Erinnerung ans MRT.





Felle, davonschwimmend; säckeweis Flöhe zum Hüten, alles unter einen Hut, und noch gute Miene dazu. Sicher, vieles behält man besser für sich, aber was macht man dann damit?

Unmäßig traurig bin ich, als ich den kleinen Kirschbaum, der Jahr für Jahr im Hintergarten so tapfer geblüht hat, verdorrt vorfinde. Unmäßig ärgerlich über all das Plastik, wo es auch eine Papiertüte getan hätte.

Aufhörn zu jammern, mal.