The Universal Receipt Book von Colin Mackenzie, London 1829. Antiquariat Bulang & Zorn.
Im Fenster hängt ein Schild, groß: 20 % auf alles!, klein darunter: auch auf Tierbücher – lachend betrete ich das Geschäft, von dem ich schon befürchtete, es wäre nicht mehr; dabei ist es nur kleiner geworden. Aber es gibt sie noch, die wissenschaftlichen Bücher aller Fachrichtungen aus mehreren Jahrhunderten, gewohnt sorgfältig kuratiert.
Nach einer Viertelstunde unter Wörterbüchern (als hätte ich unendlich Regalplatz!) ein kurzer Schwatz mit dem Chef: ja, der Markt wird enger, weil eben vieles über das Internet läuft, und dann all die Digitalisate, da braucht keiner mehr das Buch. Und nein, Fraktur geht eigentlich gar nicht mehr. Das kann man nicht lesen; die Mühe macht sich kaum mehr jemand. Aber doch, ja, sie halten sich.
Derweil sitze ich auf dem Boden und fische Schätze aus den unteren Regalen. Jura, Theologie, Forstwirtschaft, Alte Sprachen, ganze Werkausgaben, halbe Bibliotheken – von Hölzchen auf Stöckchen komme ich auf unterhaltsamen Umwegen, und immer noch etwas Erstaunliches – ach, ich habe viel zu wenig Zeit.
Schließlich fällt mir eine ganz gute Zusammenfassung des Ladens in die Hände, ein englisches Buch aus dem Jahr 1829, in dem ein gewisser Colin Mackenzie alles zusammengetragen hat, was in seiner Welt nützlich zu wissen war: Five Thousand Receipts / in all the / Useful And Domestic Arts, / constituting / A Complete And Universal / Practical Library, / and / Operative Cyclopædia. Darin finden sich Rezepte für Holzbearbeitung, Gartenbau, Suppen; wie man Tinte macht, Kerzen und Wein, wie man Ohrwürmer aus den Ohren lockt (mit Äpfeln), wie man Bienen hält, Glas bläst, Quecksilber einfriert und Stiefel reinigt ... für alles eben. Das Buch hat 827 hauchzarte Seiten und ist so schön gebunden, daß ich es gar nicht aus der Hand legen möchte. Selbstverständlich bekomme ich auch diesen Universalschlüssel für die Welt um 20 % reduziert.
– Schau, ich war in einem Laden für alte Bücher und habe mir das komplette Internet für die Tasche gekauft. In gewisser Hinsicht. – Nie im Leben. Sind da die Pöbelkommentare unter Spiegel-online-Artikeln drin? Nein? Dann ist es nicht das Internet.