Alle Welt will Fisch zu den Festtagen; in der Räucherei muß man lange anstehen. Die Verkäuferinnen sind freundlich und effizient. Ein älterer Herr ist an der Reihe. Er hat schon einiges auf dem Tresen liegen.     Wie wollen Sie den Lachs, gebeizt? geräuchert?     Oh, äh, das weiß ich gar nicht. Da muß ich die Regierung fragen, Moment, die ist draußen im Auto. Er verläßt den Laden und erscheint kurz darauf mit einer streng dreinblickenden Dame, die die Sache regelt. Während er nach der Geldbörse kramt, kehrt sie auf dem Absatz um:     Dann kann ich mich ja wieder ins Auto setzen.

Hinterm Haus blüht eine Zierpflaume. Gelbe Rapsfelder stehen vor nackten Waldsäumen. Vermischte Kalenderblätter.

Die sich überschlagende Stimme der Nachbarin: "Do, ich habe schon das Telefon, gleich rufe ich die Weihnachtswichtel an, daß sie die Geschenke wieder abholen!" Das Nachbarskind ist offenbar nicht brav geblieben nach der Bescherung.

Und wie H.s Laune schwarz und schwärzer wird, als er sieht, was man den Kindern beschert hat: die Hälfte der teuren Sachen schon kaputt vom begierigen Auspacken, kein Spiel ohne mindestens pädagogischen Anspruch, und das Tablet bringt Werbung nach jedem geschafften Level.

Derweil verspüre ich wenig Lust auf Bilanzen. Jahr zu kurz, wie immer. Überhaupt, all die angefangenen und nicht zu Ende geschriebenen Texte; die geschriebenen und nicht eingeworfenen Karten.






Es ist doch gut, daß nicht alle Texte zu Ende geschrieben sind. Bedeutet es doch, daß manche Geschichten weitergehen. Sehen Sie's doch als cliffhanger, als Spannungsmoment, als offene Frage. Etwas, das weiterführt und etwas Unerwartetes bringen kann, nicht am Ende des Jahres, sondern irgendwann, wenn man am wenigsten damit rechnet. Geschichten brauchen keinen Kalender sondern Zeit, wie ich meine.

Und: letzten Endes ist so ein Jahreswechsel doch nur eine alberne Zahl. Die Epochenwechsel finden woanders statt. Oft im Verborgenen.


Epochenwechsel werden erst ex post erkennbar. Und Texte liegenlassen: wenn ich das Schreiben unterbreche, wird's nix mehr. Unterbrechen heißt aufgeben. Dafür werden dann geschriebene Texte lange nicht, eigentlich nie fertig. Achach.


ZEIT ZÄHLT und sonst garnichts gilt a priori als conditio sine qua non ist conditio humana für alle sterblichen was mensch damit anfängt ob er wächst oder stirbt hat nichts mit zeit zu tun es ist qualität deshalb siecht die mehrheit und kaum jemand traut sich zu leben (bilanz ist bloss reflektion und muss keine konsequenzen nach sich ziehen) (epoche ära phase sind ex-post-begriffe für historiker und sonstig irregehende schubladiers) WACHSTUM und LIEBE sind SUBSTANZ und sonst garnichts...


Ich finde es zum Heulen, wieviel Kram produziert wird, nur um gleich wieder fortgeworfen zu werden.

Manchmal denke ich, mit den Gütermengen, die weltweit an nur einem einzigen Werktag vom Band gehen, käme man jahrelang aus, bevor man wieder arbeiten müßte.

Es könnte alles so einfach sein. Aber ach.


Und wie lieblos das wirkt. Am besten sieht man's bei Kindern. Die werden frühzeitig dran gewöhnt, daß es bei der Bescherung vor allem um die schiere Menge geht. Sie haben nicht mal gestutzt, als das teure Plastikspielzeug gleich am ersten Abend in die Brüche ging.