In vorgerücktem Alter habe ich erfahren, daß ich meine Schuhe falsch binde, von H, der es natürlich richtig macht. Man kann das sehen, wenn man sich eine selbstgeschnürte Schleife anschaut: Sitzt sie waagerecht, parallel über dem darunter liegenden Knoten, stimmt sie; zeigen die Schlaufen nach oben und unten, ist sie falsch und wird eher früher als später wieder aufgehen. Die richtige Schleife hält auch ohne Doppelknoten. Über die Hälfte der Schleifen, die ihm zu Gesicht kommen, sagt H, sind verkehrt.

Seit ich das weiß, möchte ich es ja korrekt machen. Aber versuchen Sie mal, eine Sache, die Sie sehr früh gelernt und jahrzehntelang automatisiert angewendet haben, von jetzt auf gleich zu ändern. Jedes Mal halte ich inne; oft genug muß ich während des Bindens korrigieren oder alles noch mal machen.

Ich fühle mich unerwartet verjüngt. Immerhin, zum Schuheschnüren bücken muß ich mich jetzt bedeutend seltener.

 

Nachsitzen zur Aktion von Ulli (Café Weltenall).






Ob ich das auch falsch oder richtig mache? Wenn ich nachschnüren muss, liegt es oft an den Senkeln, billiges Plastikzeug ohne Reibung


Hier gibt es Bildvergleichsmaterial. (Und überhaupt alles über das Schnüren von Schuhen. Also, alles.)


Vermutlich binde ich meine Schuhe falsch, aber ich binde sie seit meiner Kindheit so, wie es mir mein Vater beigebracht hat: ich mache eine Schleife und verknote die beiden Schlaufen noch einmal miteinander. Alles andere wäre mir (besonders beim Tanzen) zu unsicher.


So hab ich's wohl auch gelernt. Das Verknoten der Schlaufen ist bei der richtigen Schleife überflüssig, wie ich in allerhand Testreihen bestätigen konnte.


Ein Problem besteht darin, dass die Eltern, die es dem Kind beibringen, diesem gegenüber stehen (oder knien). Das Kind kriegt es seitenverkehrt mit, wenn die Eltern es aus ihrer Sicht richtig machen, oder die Eltern müssen es im Kopf verkehrt herum machen, verglichen mit dem, was sie sonst machen. Zum Ausgleich werden die Kinder, die es falsch lernen, es ihren Kindern wiederum richtig beibringen. Es oszilliert von einer Generation zur nächsten jeweils falsch-richtig-falsch-richtig. Außer, man liest die verlinkte Webseite. Finde ich klasse, was die Menschen alles gerne (mit)teilen und wie tief esoterisches Wissen sein kann.


Oh! Eine wunderhübsche Vorstellung und eine gute Geschichte für das ewige Hin und Her der Knotenrichtungen! (Und ja, ich war ganz entzückt über die Schnürsenkelseite. Das ist ein bißchen das Ganz Alte Internet(TM), das noch voller netter Unikate war.)


Wieso war? Diese Unikate gibt es doch noch. Nur gibt es daneben eben auch Katzenbilder, sogenannte soziale Netzwerke, Zwitschereien und genau die Menge Mumpitz, die es in der analogen Welt auch schon immer gegeben hat.

Die (normale) Schuhschleife ist technisch ein auf Slip gelegter Kreuzknoten, übrigens. Wenn man den falsch legt, wird daraus ein Altweiberknoten.

Ich habe das auch erst in vorgerücktem Alter gelernt und mich sehr geärgert, daß ein sportlich völlig unbeleckter Mensch mir altem Kletterer noch etwas in Sachen Knoten beibringen konnte. Das war so eine typische Old-Shatterhand-Situation. (Zu meiner Rehabilitierung muß ich hinzufügen, daß der Kreuzknoten beim Klettern keine Rolle spielt, da er falsch belastet zum völlig unsicheren Ankerstich kippt.)


(Hat es diese Mumpitzmengen schon immer gegeben? Nicht in dieser Verstärkung, will mir scheinen.) Jedenfalls: geklettert bin ich nie und auf ein Schiff auch erst spät geraten. Insofern. Trotzdem schön, daß die Wanderschuhe jetzt einfach zu bleiben.