Die Tage werden merklich kürzer. Mauersegler, die dieses Jahr spät geschlüpft sind, werden nun bald vergeblich in ihren Nestern warten, daß die Eltern Futter bringen; irgendwann werden sie, von Hunger und innerer Unruhe angetrieben, zum Ausgang der Bruthöhle hüpfen und zum ersten Mal hinausschauen. Sie waren noch nie in der Luft. Abends dann stürzen sie sich in die Tiefe und fliegen achttausend Kilometer nonstop bis über den Äquator. (Manche von ihnen werden, wenn sie im nächsten Mai zurückkehren, ihre Bruthöhlen nicht mehr vorfinden: in der Stadt saniert und baut man gerade Dächer aus. Die Segler werden trotzdem Jahr für Jahr die Fassaden anfliegen und die alten Nesteingänge suchen.)

Im Naturschutzgebiet kommen sie uns entgegen, eine kleine Kette, drei plüschig graue zwischen zwei prachtvollen weißen Tieren: die Schwanenfamilie flußab-, wir drei in unseren Paddelbooten flußaufwärts. Wir halten den Abstand maximal. Als wir glücklich vorüber sind, hebt hinter uns ein gewaltiges Getöse an: einer der Altschwäne startet zum Flug und rennt über den Fluß, schwingenschlagend und schnaufend, auf uns zu und peitscht mit seinen Schwimmfüßen die Wasseroberfläche. Er hebt dann aber doch nicht ab, sondern bremst abrupt, so daß uns seine Bugwelle weiter den Fluß hinaufschiebt. Dann wohl keine Schwanenküken zum Abendessen, witzeln wir; aber wir haben verstanden.

Der Fluß führt Hochwasser, die Uferpflanzen treiben wie Tang unter der Oberfläche. Wieder ist es eine Schwanenfamilie, diesmal mit zwei Jungen, die in Formation am Uferrand gegen die Strömung ankämpfen. Der vordere der Altvögel steuert die fast überspülte Kaimauer an und wuchtet sich hinauf, um den Landeplatz zu sichern. Zeitgleich mit den Jungtieren kommen die Spaziergänger an, ein ganzer Schwarm, Kameras gezückt und auf die Vögel gerichtet. Ehe diese sich auch nur niederlassen können, brechen die Alten den Versuch ab und scheuchen die erschöpften Kleinen ins Wasser zurück. Die Menschen am Ufer verlaufen sich so schnell, wie sie eben gekommen sind, und tippen Kommentare zu den Schwanenfotos in ihre Telefone.






Fragt sich, welches Tier das seltsamere ist: Das mit dem Telephon oder das mit dem Schnabel.