Auf dem Graspfad zwischen tropfenden Bäumen diskutieren M und ich, was es bedeutet, wenn etwa eine KI Musik oder Geschichten schreibt, die Menschenwerk in nichts nachstehen. M fürchtet, dann wäre alles, was wir tun, sinnlos, nur mehr persönliches Steckenpferd, Zier und Sport. So ist es mit fast allem gegangen, was vor ein paar hundert Jahren noch lebenswichtig war: Technik und Wissen wird museal oder geht verloren.

In Ls Leistungskurs Deutsch verfaßt man Aufsätze per Maschine, auch wenn's nicht erlaubt ist. L tickt anders und schreibt selbst. Neulich akzeptierte der Lehrer ihre Arbeit nicht, während ein Mitschüler, der schon mehrmals aufgeflogen war, auf seine generierte Hausarbeit eine gute Note bekam. Für L ist die Konsequenz: Sie schreibt weiter, sie will die Dinge durchdenken, und nimmt die Bewertung nicht mehr ernst.

Im Blog "einfach schreiben", zweckfrei und unbeobachtet, was ich hier eigentlich wollte, ist nicht mehr. Das große Auge der Konzerne schaut auch mir über die Schulter. Mein Zeug wird verwertet, für das ich nie bezahlt worden bin. (Von wem auch.) Antville beißt schon zurück (danke!); aber wirklich zu machen ist da anscheinend nicht viel. Maschinenethik, Regulierung und Rechtsprechung mit Zähnen: für so was haben wir die falschen Politiker gewählt, die Gier in Regierung; vielleicht gibt es die richtigen auch gar nicht. Viele, viele Menschen machen wenige reich, mit ihrem Blut, ihrem Schweiß, ihrer Lebenszeit und jetzt eben mit ihren Worten. Lauf der Dinge.

Gegen die allgemeine Vereinnahmung würde ich gern mehr tun können. Wollte ich sicherstellen, daß meine eigenen Texte nicht verwertbar sind, müßte ich auf Zettel schreiben. Das macht mir aber weniger Spaß; und den (selten genug geworden!) mag ich mir nicht nehmen lassen.

Ich denke weiter nach.





Gute Nachrichten nehme ich ja gerne, gerade im Moment.

Was zu ergänzen wäre: Nicht mehr vor jeder Reise ermitteln müssen, bei welchem Umstieg man welchem Verkehrsverbund welchen Betrag zu geben hat (und wehe, man hat nur Bargeld/kein Kleingeld/die falsche Karte/Ermäßigung) – dieses Ticket spart Nerv. Egal wo einsteigen, ohne Kontrollangst und Zeitfensterstreß ... Unschätzbar.

Ausflüge in die nähere Umgebung sind einfach und machbar. (Sogar viele Fähren sind enthalten!) Am Ziel gebe mindestens mal ich weitaus skrupelloser Geld für Nahrung und Vergnügungen aus, wenn die Reise bereits abgegolten ist. Keine Ahnung, ob das irgendwer mißt, aber die heimische Wirtschaft dürfte es spüren.

Für viele Menschen werden Reisen und Besuche leichter oder überhaupt erst möglich (kostet ja nur Zeit!). Ich habe im Zug einen etwas zerknitterten alten Herrn getroffen, der mich fragte, ob es in meiner Stadt ein erschwingliches Restaurant in Bahnhofsnähe gebe. Er war quer durch die Republik nach Wuppertal unterwegs, um sich mal die Schwebebahn anzuschauen. Ein Paar mit Töchterchen fuhr im Bummelzug ins Allgäu; statt Flugreise leisteten sie sich dieses Jahr Ferien auf dem Bauernhof. Und ob ich ohne das Ticket jede Woche Besuche in einem anderen Krankenhaus machen würde ...? Dieses Ticket ist ein Mittel gegen Langeweile und Einsamkeit.

Alles in allem kein kleines Wunder. Sollte die neue Regierung das alles wirklich wieder abschaffen wollen, gehen, hoffe ich, 13 Millionen dagegen auf die Straße.





In der Zeitung ist viel die Rede von Ausweitung des Jagdrechts. (Überhaupt alle diese Wesen, die sich nicht schicken und einfach still aussterben wollen.) Die Krähen, schreibt M dazu, haben ein Landwirteproblem. Landwirte sollten endlich zum Abschuß freigegeben werden.

Ich wußte heute in meiner Straße keine Antwort auf die Frage, wo in der Stadt man denn einen Kaffee trinken kann, wenn man nicht so viel Geld hat.

Auf der Haben-Seite: endlich weiß ich wieder, wie herrlich es sich schläft beim Geräusch leichten Regens. Und es gibt dieses Jahr wilde Brombeeren.





Ich bin zu einem Ausflug eingeladen, der Freund will mich mit dem neuen Wagen abholen; es ist ein Stück weit, sagt er. Schnee wird es geben. Der Freund ist ein kluger Mensch mit Blick fürs Schräge, der sich aus tiefster Seele freuen kann. Ich habe gern mit ihm zu tun.

Er kommt spät, er hat nicht gleich einen Parkplatz gefunden. Kein Wunder, denn sein Auto ist enorm. So breit, ich könnte mich auf der Rückbank ausstrecken. Ich erklimme den Beifahrersitz. Mit Kameras ringsum, Warnton und allerhand Assistenz läßt sich das Ungetüm manövrieren. Wir thronen im Stadtverkehr über allen anderen.

Drinnen sitzt man ruhig und abgeschirmt, man schaut wie durch mehrere Scheiben. Das ändert sich auch auf der Autobahn nicht. Vollgas, der Motor wird kaum lauter, Ausfahrten rauschen vorbei, es fühlt sich gemächlich an, dabei fahren wir 220. Gelegentlich muß der Freund bremsen, weil vor uns einer überholt.

Später, nahe dem Ziel, Serpentinen. Der Freund geht bergauf in die Kurven, das Auto nimmt die Steigungen mühelos; dann: Bremsmanöver. Hier fahren auch andere. Frustriert schaut der Freund die nächsten Kilometer auf das Heck eines Kleintransporters hinab.

Links und rechts die Tannen sind bereits wieder grüngetaut, aber die Böschungen werden mit jedem Höhenmeter weißer. Wir erreichen den Parkplatz am Seehotel. Zwischen zusammengeschobenen Schneewänden drängt sich das Blech. Die Zufahrt, die Kurven, die Parklücke sind gerade eben breit genug; das Auto werden wir von fern noch sehen, schwarzglänzend und aufgepumpt.

Zu Fuß nehmen wir die Straße zum Gipfel. Die Aussicht ist atemberaubend. Nur die Landstraße drunten hört man ohne Unterlaß. Einmal lassen wir einen Linienbus durch, der die Müden und Fußkranken zur Gipfelhütte bringt; auf den Rundblick über Schneegipfel und die grüne Ebene muß hier keiner verzichten.

Und nach einem Kaffee wieder heim, in unwahrscheinlichen zwei Stunden. Es fühlt sich an wie Fliegen, wie nicht ganz richtig – der Freund, der netteste Mensch, den man sich denken kann, der ist, sowie er ins Auto steigt, ein Raser. Da stört ihn alles, was bremsen könnte.

Autoland Deutschland. Kann man nichts machen. Wieso auch; aus solchen Panzern heraus ist das Problem ohnehin nur eins der anderen.





In jeder der städtischen Wildnisse, die ich kenne, blüht es, weiß, violett und übergelb, alles, nur keine Herbstfarben. Die Jahreszeiten sind aus dem Tritt: die Innenstadtvögel schleppen Nistmaterial, morgens klingen Reviergesänge; aber ich weiß: auf den Herbst, und sei er auch noch so mild, folgt der Winter.

Es ist tragisch, wie Programme, die sich in Jahrmillionen entwickelt haben, plötzlich ins Leere laufen, antwortet M.

Was mir zu schaffen macht, ist, in einer Welt zu leben, in der bemalte Leinwände höheren Schutz genießen als die Biosphäre. Daß die Mehrheit der jungen Menschen immer noch so brav mitspielt.

Ich bin für ein Säugetier bemerkenswert alt.