Mit Rädern und Reifen ist hier nichts zu wollen. Der Aufstieg ist beschwerlich, das gehört dazu: gleich hinter dem Dorf das Mauertreppchen ganz steil und bröckelig und ohne Regelmaß, hoffentlich kommt keiner runter, und autsch, voller Brombeergerank.
Oben dann, falls man sich zum Sterben niederlegen möchte, eine Bank vom Verschönerungsverein. Die Aussicht liegt hinter Unterholz; so hört man nur den Lärm vom Fluß herauf, und das ist der Rhein, der kann Lärm. Diese Bank anderen überlassen.
Weiter, fort vom Fluß, durch den Wald, der die Geräusche moosig dämpft. Gehen, bis die Bäume Buchen werden und höher: da wendet sich der Hauptweg nach links, und nach rechts zweigt ein Pfad. Dem folgen.
Durch eine Senke, vorbei an schwärzlichen Grundmauern; das Haus muß sehr allein gestanden haben hier. Ein Stückchen noch, über eine runde Kuppe. Gehen, bis der Wald von den Schultern gleitet wie ein schwerer Mantel, bis der Blick sich unwillkürlich zum Himmel hebt, ehe er in die Tiefe fällt.
Kein Rhein – eine Falte abseits, bewaldet bis auf den Grund; bis auf das Rauschen eines Bachs angefüllt mit Stille. Hier steht die Bank, die ich meine. Hier sitzt man wie auf einer ausgestreckten Hand unter den Wolken.
Es ist nur eine geringe Höhe und keine wirkliche Wildnis, doch läßt man besser zwei Finger auf dem Holz, einen Fuß am Boden, wenn man Brot ißt und Wasser trinkt, um nicht unversehens über die Wipfel davonzuschweben.
Hier ein wenig balancieren.
Weil der Herr klagefall gefragt hat.
Nemško-Slovenski Slovar von France Tomišič, Ljubljana 1964. Flohmarktfang.
Ein äußerst kompaktes Werk; keine Erläuterungen, keinerlei Kontext, nichts als Wörter und ihre Entsprechungen, Deutsch – Slowenisch. Viel, sehr viel Wort fürs Geld, praktisch jede Zeile ein neues. Was das Slowenische betrifft, kann ich mir kein Urteil bilden; aber das Deutsche, ach, das Deutsche –! So hab ich meine Muttersprache nie erlebt.
Viele Wörter sind bieder und nützlich, wie Faßgeschmack, Pfefferpflanzung oder Maulwurfsfalle. Dann gibt es die, bei denen man denkt: ah, so heißt das also!, etwa das Garnwindhölzchen. Unter anderen kann man sich immerhin etwas vorstellen: kurzsinnig, kurzröckig, lückenvoll. Aber was sind faselhaft und fimmeln, was Lünse, Lunze und Luppe? Wen kleidet (wenn überhaupt) die Rätterwäsche? Wo bekommt man einen schönen Teller Tröpfsuppe, wer backt Tränenbrot, wie wird man söhlig? Bei Seelendurchmesser schafft immerhin das Slowenische (kaliber) Klarheit; für die Rapuse muß man schon ein bißchen Tschechisch können.
Daß der Autor Ingenieur war, erklärt die etwas techniklastige Wortauswahl, sonst aber nicht viel. Ich nehme an, die Überschneidungen mit dem Duden sind gering. Ein wunderbares Buch für alle, die das Rätsel lieben.