Vor zwanzig Jahren war das Internet nicht lang den Telnet-Zeiten entwachsen. Große Ideen, zwecklos Schönes, Themen ohne Grenzen; Lagerfeuer zum Drumrumsitzen für wirklich alle. Auch wenn man ein Hund war.
Vor fünfzehn Jahren fing ich an, mich für Blogs zu interessieren und mich auf virtuellen Schulhöfen herumzutreiben. Mit der Zeit wurde mir viel im Netz zu social, zu doof, zu geschäftstüchtig, zu überwach. Da gab es auf Antville immer noch: Wortgärten, Keller voller Insiderwitze, gute Geister, die besten Galerien der Gegenwart.
Seit sechs Jahren schreibe ich hier rein. In Ameisenjahren nicht viele; aber die, immerhin, durften hier im letzten Jahrtausend stattfinden.
Danke, liebes Ameisendorf, fürs Bleiben und Lassen! Und Dank all den freundlichen Menschen, die dafür sorgen, daß das so ist.
Wo ich denn sei, fragt M. Und wann er wieder von mir lese.
So viele Geschichten: immer wieder Bruchstücke der sehr gescheckten Familienhistorie; was Kinder halt so interessant finden. Halb zugehört, nicht mal halb verstanden, dreiviertel vergessen, und jetzt wüßte ich gern mehr.
Die wunderschöne, wahre, die eine Mitbloggerin in knappen Worten niederschrieb; später schlug sie, hab ich den Verdacht, in einer angeeigneten Version gewaltig Wellen, die sich dann gewaltig überschlugen: Salz und Blut. Heute weiß das Netz nur die erlogene noch.
Die mir unbegreifliche, wie aus einer ganz anderen, gern gelesenen Mitbloggerin eine Verschwörungsgläubige wurde; ich weiß zu wenig von ihrem Leben, um zu verstehen, wie das kam, und bin fassungslos, was sie seit einem Jahr von sich gibt. Ich habe, und das mache ich nicht mal bei Toten, den Link zu ihr aus meinem Blogverzeichnis gelöscht.
Die, in der wir grade alle stecken. Aber die ist ja noch nicht fertig.
Irgendwann wieder, ja?
Möge es besser werden!
Statt zwei Stunden Mörser zu Mitternacht gab es stündlich zwei versprengte Böller; zum Schlafen war das nix, aber relativ eine stille Nacht.
Letztes Bild aus dem alten Jahr: Fünf vielleicht Dreijährige, deren Mütter sich auf dem Marktplatz unterhalten (auf Abstand und maskiert), bestaunen den Stadtwerker, der die Tonnen in den brüllenden Müllwagen leert, Mordsgerüttel mit nichts als einem lässigen Hebeldruck, Fluppe im Mundwinkel. Und während die Mütter sich darüber austauschen, was sie Silvester machen (und was nicht), kann man zuschauen, wie in fünf jungen Hirnen der Plan keimt: Müllmann werden; rauchen, nur noch Orange tragen. Wenn nicht nächstes, dann übernächstes Jahr.
Liebe Menschen, die Sie hier vorbeischauen: haben Sie's gut! So gut es nur geht. Und finden Sie Freuden, gerne ungeahnte, unbekannte, unverhoffte. Danke fürs Hiersein.
M nennt es den Schlüssellocheffekt, das Gefühl, ganz nah dran gelassen, zum Mitwisser, zum Vertrauten zu werden, und schwups, ist man verliebt. – Mir ist das schon passiert. Es war schön, und eine Enttäuschung ist mir erspart geblieben; trotzdem: einmal, nie wieder. Man wird ja auch älter.
Wenn ich von mir auf andere schließen sollte: Namen, Daten, Orte – die Hälfte verschweige ich, und mit dem, was ich von der anderen Hälfte nicht im Unklaren lasse, bin ich erst zufrieden, wenn es meine Lebensumstände nicht preisgibt. Der Kern aber, die Geschichte, die muß stimmen; wo’s mir wichtig ist, bin ich streng. Entsprechend erwarte ich nichts sonst von Blogs, anders als im echten Leben.
Ich lese am liebsten solche, die nichts wollen. Aufzeichnung, Erinnerung, Klärung: aber ja!, Ab- und Zuneigung: gerne; Anliegen: von mir aus; Mission, Propaganda, Werbung: nein danke.
(Beim großen Skandal von Kleinbloggersdorf kann ich im übrigen nicht mitreden.)
Aufgeflogen.
Und was schreibst du da?
Och, nix. Geschichtchen ...
Komme ich da etwa drin vor?
Ähm, also ...
Das hättest du mir aber sagen müssen!
...
Gardinenpredigt ist eigentlich ein so hübsches Wort.