Gute Nachrichten nehme ich ja gerne, gerade im Moment.
Was zu ergänzen wäre: Nicht mehr vor jeder Reise ermitteln müssen, bei welchem Umstieg man welchem Verkehrsverbund welchen Betrag zu geben hat (und wehe, man hat nur Bargeld/kein Kleingeld/die falsche Karte/Ermäßigung) – dieses Ticket spart Nerv. Egal wo einsteigen, ohne Kontrollangst und Zeitfensterstreß ... Unschätzbar.
Ausflüge in die nähere Umgebung sind einfach und machbar. (Sogar viele Fähren sind enthalten!) Am Ziel gebe mindestens mal ich weitaus skrupelloser Geld für Nahrung und Vergnügungen aus, wenn die Reise bereits abgegolten ist. Keine Ahnung, ob das irgendwer mißt, aber die heimische Wirtschaft dürfte es spüren.
Für viele Menschen werden Reisen und Besuche leichter oder überhaupt erst möglich (kostet ja nur Zeit!). Ich habe im Zug einen etwas zerknitterten alten Herrn getroffen, der mich fragte, ob es in meiner Stadt ein erschwingliches Restaurant in Bahnhofsnähe gebe. Er war quer durch die Republik nach Wuppertal unterwegs, um sich mal die Schwebebahn anzuschauen. Ein Paar mit Töchterchen fuhr im Bummelzug ins Allgäu; statt Flugreise leisteten sie sich dieses Jahr Ferien auf dem Bauernhof. Und ob ich ohne das Ticket jede Woche Besuche in einem anderen Krankenhaus machen würde ...? Dieses Ticket ist ein Mittel gegen Langeweile und Einsamkeit.
Alles in allem kein kleines Wunder. Sollte die neue Regierung das alles wirklich wieder abschaffen wollen, gehen, hoffe ich, 13 Millionen dagegen auf die Straße.
Ich wiederhole es hier gern noch mal: Im Ameisenhaufen wird was geplant, nämlich (vielleicht, wenn möglich, bei Interesse) ein Bloggertreffen.
Wär mir ein Vergnügen!
Das Mütterlein macht uns noch immer Kummer. Nichts hat sie ausgelassen; wir kennen jetzt alle Krankenhäuser der Gegend von innen.
In den ersten Wochen lag sie still und klagte: "Das hätte ich nie gedacht", wieder und wieder. Das Gefühl für Zeit und Reihenfolgen war weg; sie teilte das Zimmer mit Fernen und Toten und machte keine großen Unterschiede zu den Lebenden, die sich täglich dazwischensetzten. "Komisch", sagte sie immerzu. Nachts lag sie wach und grübelte, woher ihre Gedanken kämen: von ihren Tanten? den Großtanten? Von der Musik? oder doch vom Herrgott selbst?
Seit ein paar Tagen ist es nicht mehr so schwierig mit dem Essen, dem Trinken und den Behandlungen: "Na gut." Sie will wieder was, nämlich raus.
Neulich nachts klingelte mein Telefon, ihr war meine Nummer wieder eingefallen. Ich beruhigte sie nach Kräften – "Kannst du denn schlafen? Denk dir eine Herde Schafe, und dann zählst du sie."
"So schöne Tiere, aber Schafe hatten wir ja nie."
"Dann denk dir deine Gänse, die du als Kind gehütet hast, und zähl die."
"Die saßen immer um mich herum und knabberten mir am Zopf und am Kittel und den Armen, ganz zärtlich. Aber ... das waren doch bloß sechs."
"Reicht nicht zum Einschlafen, stimmt. Da mußt du dir mehr denken und sie dann zählen."
"Oh, das ganze Bett voller Gänse! Na gut."
Vielleicht, vielleicht wird es noch mal was.
Weiß und winzig liegt sie, kaum auszumachen unter den Decken gegen den Schüttelfrost, und klagt wie ein Kind: Ihr geht es gar nicht gut, der Kopf tut weh, und sie kann sich nicht erklären, wie sie hier gelandet ist. Sie weiß noch, daß sie beim Schwiegerenkel zum Essen wollten, aber nicht mehr, daß sie an der zweiten von drei Treppenstufen hängengeblieben, dem Gefährten aus dem Arm gerutscht und rücklings auf die Betonplatten geschlagen ist; der beschreibt später drastisch den Knacks, mit dem sie in Scherben ging.
Wie ein viel zu müdes Kind reißt sie immer wieder die Augen auf; fragt nach dem Gefährten; ob wir morgen alle zum Kaffee kommen; daß das so knirscht in ihren Ohren; und danke, danke für die warmen Decken.
Es ist, sagt man uns, ernst, aber nicht hoffnungslos. Diagnostik und Behandlungspläne, Medikation, kurz- und langfristige Maßnahmen, und erst mal die Feiertage. Derweil schaut sie von einem zum anderen, die Schönheit, die bei ihr um Stirn und Nase liegt, ist noch da und herzzerreißend.
Die Nachtschwester kontrolliert die Infusion und streicht ihr übers Haar. Wie gut, sagt B (noch ein Glück! selbst vom Fach), dass sie so eine niedliche Kranke ist. Da kümmern sich alle gern, und das kann sehr wichtig sein.
Als wir gehen, ist es still auf Station; im Licht der Monitore sehe ich durch den Türspalt, wie sie uns, wo sie doch längst schlafen sollte, hinterherwinkt.
An der Kamera, die ich seit Wochen nicht mehr finde, fehlt mir am meisten meine Bildersammlung kleinster Gärtchen in Pflasterritzen, Mauerlöchern und Gebäudefugen. All das Grün, ohne das ich nun durch den Winter muß.
Die USA haben sich also für den Faschismus entschieden. Welche Alliierten werden sie wohl befreien? Oder a good guy with a gun? Oder wollen sie sich am eigenen Zopf aus diesem Sumpf ziehen?
Was von meiner Welt das alles in den Abgrund reißt, kann ich mir gar nicht vorstellen. Noch.
Darauf, sprudelnd im Glase, eine Aspirin. (Hilft auch nichts gegen Kopfschmerz in Planetengröße.)
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