Nest zerstört, Brut geraubt – irgendwas war; einen ganzen langen Tag hatte ein Amselpaar in den Hinterhöfen gezetert, Alarm Alarm, nervenzerfetzend. Am nächsten Tag war es ruhiger, nur noch stundenweise Geschrei. Abends sang der Amselmann schon wieder auf dem Dach.

Dann saß eine kleine Amsel im Hof, ein graues Weibchen, voll befiedert. Ihr Instinkt trieb sie ins Versteck, wenn sich was regte; trug aber der Wind ein Amsellied in die Mauerschlucht, hüpfte sie unten und rief, hell und durchdringend, ohne je Antwort zu bekommen; zwei Tage lang, erst immer dringlicher, dann immer schwächer. Die zweite Nacht, es regnete stark, hat sie nicht mehr überlebt.

Zwei Tage lang hörte ich den kleinen Vogel vergeblich rufen, zwei Abende suchte ich und fand ihn nicht. Die ganze Zeit sagte ich mir: Natur, und: menschlicher Eingriff selten gut, und: so geht das eben; aber diese verlassene Amsel hat mich traurig gemacht. Um all das Vertrauen, die berechtigten Hoffnungen, die enttäuscht werden; um alle Wesen, die nicht verstehen, wie ihnen da geschieht. Und ich muß mir eingestehen: ein Teil von mir ist immer noch sieben Jahre alt und weint um jedes Vögelchen, das nicht zu retten ist.






Oh, liebe Lakritze, oh ja, genau das. Danke für dein Mitgefühl und die Worte, die es erzählen und mich mitfühlen lassen. Danke. Neulich hatten wir Besuch von einer Mutter samt Kind. Die Fünfjährige ist eine, die die Natur sieht. Und die Käfer und Vögel fühlt. Wie ich damals und du ja vermutlich auch. Wir beerdigten gemeinsam einen Vogel, der es nicht überlebt hat. Und immer noch weine ich jedes Mal.


Herrje. Macht keine Freude; aber wer weiß, wozu's gut ist.