Gründonnerstag. Der Gemüsebauer auf dem Markt erzählt, einige seiner Mitabiturienten hätten das Latinum erst im Medizinstudium erworben, zwei Semester durchgepaukt, aber nur die Nomen und Adjektive. Eine Sprache ohne Verben lernen, meint er, das sei so wie Führerschein ohne Lenken machen und hinterher behaupten, man könne fahren.

Karfreitag. Wandaufschrift: Fick dich ins Knie, Melancholie!

Ostersamstag im Großstadtcafé: rosa Blümchentapeten, alle Holztische mit denselben charmanten Fehlern, Schnörkeltörtchen und Zuckerzeug, und drübergekippt Hintergrundjazz, der langsam und stetig die Stunden höhlt, die Seele korrodiert. Gefällige Klänge, in abgezirkeltem Dynamikumfang plätschernd ohne Punkt, ohne Komma, ohne Gnade. Da war mit Sicherheit kein Mensch involviert. Ich verlasse das Lokal milde verstört.

Zu Ostersonntag die Salmiakstange gefunden, die ich vor Wochen von M geschenkt bekommen und offenbar sehr gut vor mir versteckt habe. Ein Wunder.

Buchtip: "Die besten Beerdigungen der Welt", Endlichkeit für alle, auch die Kleinen.






Wie schön, dich wieder einmal zu lesen. Und dann gleich so grandios, mit Worten gemalt, die Musik, die verstörende, im Ohr ... Und ich freu mich mit dir übers Osterwunder, Salmiakstangeseidank.


Danke! Ich merke gerade, es ist Ostern, da ist es schon zur Hälfte rum ... Na. Wir sehen uns jedenfalls gleich; das ist ein Grund zum Freuen.


Es gibt für Mediziner spezielle Nomenklatur-Kurse, in denen die Grundlagen der anatomischen Fachbegriffe erarbeitet werden. (Wenn man einige Vokabeln wie anterior, superior, os, musculus, tendo, sowie ein paar Derivationsendungen wie -alis, -osus, -formis kennt, merkt man sich Begriffe wie Musculus piriformis einfach leichter, als wenn das buchstäblich nur Latein ist.) Das sind keine Sprachkurse, und niemand behauptet, mit diesen Kenntnissen Latein zu beherrschen. Die ganze Sprache zu lernen, nur um ein paar hundert Begriffe sich leichter erschließen zu können, das wäre wie auf den Everest zu steigen, um nachher am Matterhorn weniger Probleme zu haben. Wenn man nicht sowieso auf den Everest wollte, versteht sich. Im übrigen ist man bei medizinischen Termini mit dem Latein sowieso schnell am Ende, weil gefühlt die Hälfte der Begriffe griechischen Ursprungs ist (So etwa ilium, ischium, acromion, -oideus.) Man müßte also zusätzlich zum Everest noch auf den K2 steigen oder so.


Nunja, alles einzusehen. Aber dann nennen sie's trotzdem Latinum.