Was mir einfiele, schrieb eine Autorin und wies sämtliche Korrekturen und Änderungsvorschläge zurück.
Ich hätte antworten können: nun, ich mache meinen Job. Vor das Veröffentlichen hat die Projektleitung (so sie's ernst meint) das Lektorat gesetzt, und das bin ich. Nehmen Sie's nicht persönlich, hätte ich anfügen können, kaum ein Mensch schreibt wie gedruckt; das Lektorat sieht den Text sozusagen im Negligé, und wir zupfen dann ein bißchen dran herum oder reichen einen Mantel, um die Blöße zu bedecken, je nach dem. Uns ist da, hätte ich beruhigen können, wenig fremd. Und reden kann man ja bekanntlich über alles.
Nur: Wo hätte ich anfangen, wo aufhören sollen?
T.s Bücher haben Enden, charakteristisch für ihn, untypisch für sein Genre, die mir Vergnügen machen. In Rezensionen heißt es hingegen oft, der Schluß sei so kurz, komme so unvermittelt. Ich frage mich, wo das Anrecht der Leser darauf, ihre Erwartungen erfüllt zu bekommen, endet.
Kleiner Streit mit M., der kein Lob erträgt. Mir gefällt ein Text, er nennt ihn schwach; ich sage von einem Bild, daß es einen ganzen Schwarm Assoziationen mit sich bringt, er nennt es platt und unzensiert. M., sage ich, denn langsam habe ich doch genug davon, nicht für voll genommen zu werden, M., du mußt dich damit abfinden, daß die Hälfte deiner Texte beim Lesen entsteht, mithin in deinen Lesern.
L. hat gemerkt, daß es Bücher und Bücher gibt. Simple Geschichten stellen sie nicht mehr zufrieden; gegen die weniger simplen, die, in denen es an die Substanz geht, kann sie sich noch nicht wehren, die erträgt sie kaum vor Mitfühlen. Aus diesen Geschichten taucht sie auf wie aus einem Abgrund, einem Fieber, erschüttert, erleichtert. Ich bin sicher, die Krankheit wird einen chronischen Verlauf nehmen.
Gelernt, daß es keine Helden gibt. Aber jedes, je-des Wortspiel, vom Luthscher bis zur Lutheratur.
Ich wünsche mir Kirche als Bastion gegen die Berechenbarkeit von Leben nach Nutzen und Wert. Nicht zeitgemäß. Insel der Unvernunft. Sand im Getriebe.
Immer so gut wie die Menschen, aus denen sie besteht.
Ein halbes Jahrtausend: unter Kirchen ein junger Hüpfer. Ich habe Grund, ihr dankbar zu sein.
Hübsch sehen sie aus, das muß ich sagen, wie sie sich ringeln im Waschbecken, unterm Kopfkissen, auf jedem Kleidungsstück, dunkel und weiß zu gleichen Teilen und viel stärker gekraust als in meiner Frisur; aber es läßt sich nicht leugnen: es fallen arg viele. Es werden arg wenige.
Die Zeiten ändern sich, sage ich mir. Wenn die nicht wollen, dann kann ich sie nicht halten. Man muß sich an dem freuen können, was man hatte.
In früheren Jahrhunderten hätte man eine Haube getragen, einen Hut, eine Perücke vielleicht. Tücher und Mützen wären möglich; das gefällt mir nur alles nicht.
M., sage ich mit Blick auf seinen rasierten Schädel, krieg keinen Schreck. Wahrscheinlich sehe ich demnächst endgültig aus wie dein Plagiat.
Er schaut, als glaube er mir nicht. (Ich weiß auch noch nicht recht, ob ich mir glaube.) Vielleicht lasse ich ein, zwei Strähnen stehen, zur Erinnerung.
Die Heimwege sind das Schönste. Natürlich ist die Landschaft auch auf dem Hinweg schön, aber auf der Heimreise gehört sie schon fast wieder mir, kann ich sie mit noch fremdem Blick auslegen wie eine Karte und mich auf sie, nicht mehr nur an ihr freuen.