Montag, 24. Juli 2017

Das kleine Kind steht an der Abteiltür und ruft: Mama, Mama! Wo bist du, Mama! Kein Zweifel, das denkt, ab jetzt müsse es sich allein durchschlagen. (Die Mutter ist vorhin los, einen Kakao holen, aber das weiß das Kind nicht mehr.) Schließlich gehe ich hin.

Das Kind ist vier, vielleicht erst drei, es weiß nicht genau, wo es herkommt und hinfährt, und die Mama ist verschwunden. Ich schlage vor, ein bißchen zu warten und zeige aus dem Fenster auf Kirchen, Burgen und Schiffe. Das Kind ist gleich Feuer und Flamme: wer in den Burgen wohnt? wo die Schiffe hinfahren? ob es da Straßen gibt? – Na, und guck mal, wer da kommt!

Die Mutter hat zwei Becher Kakao in der Hand. Das ist aber lieb von Ihnen, sagt sie zu mir, und ihre Blicke sagen: was haben Sie mit meinem Kind zu schaffen! – Beide setzen sich auf ihren Platz ein Stückchen den Gang hinunter.

Auf einmal springt die Mutter auf, daß der ganze Waggon zusammenzuckt, es muß etwas Schreckliches passiert sein: Was! hast! du! wieder! gemacht! Ich habe doch die ganze Zeit neben dir gesessen! Nun ist alles verdorben, mit dir kann man solche Reisen einfach nicht machen! – Sie zerrt das Kind in Richtung Toilette, zum Reinigen, denn es hat sich mit Kakao bekleckert.

Das Kind läßt sich zerren. Es hebt die Stimme nicht, sagt ja, Mama, und: da war eben schon wieder eine Ritterburg!

Draußen auf dem Bahnsteig atme ich durch und öffne die Fäuste zum Winken, kurz, in Richtung des Fensters, hinter dem das Kind bei seiner Mutter sitzen müßte.