Durch die Gegend meiner ersten ausgedehnten Wanderungen werden Schneisen geschlagen. Zwar verläuft die neue Autobahn anderswo; aber das hier werden ihre Zubringer. Meine Mutter, noch Bauernkind genug, hätte den Kopf geschüttelt: So viel Land …!

Meine Abneigung gegen Zeit am Steuer ist körperlich; vorher tagelang Magendrücken, hinterher komplett erschlagen. Laune: schweigen wir davon. Das war schon in der Fahrschule so – ins Auto steigen mit Locken, ohne wieder raus.

Und falls heute jemand hinter mir in sein Lenkrad gebissen haben sollte: Nein, tut mir wirklich nicht leid. Ich hatte zu tun: aus einem 5,3-Liter- einen 5,1-Liter-Kleinwagen machen.





Ich habe den ersten Schnee gesehen: um das Dichtungsgummi herum an einer Windschutzscheibe; das Auto kam von außerhalb. Anders hat er's noch nicht in meine Stadt geschafft.

Die schönste Viertelstunde des Tages war die, die ich auf T warten mußte, weil der kleine Schuster mich versetzt und ich die besohlten Schuhe doch nicht hatte holen können: in einer windgeschützten Nische am Theater durfte ich im Sonnenschein lehnen, die Augen zu wie eine Katze. Als T dann kam, verschwand eben die Sonne – es ist halt nur für einen von uns Platz.

(Der kleine Schuster ist ein Schluri. So sehr, daß kürzlich ein meterhohes Plakat im Fenster des Ladens hing: er werde nun wirklich pünktlich und zuverlässig arbeiten und habe auch wieder verläßliche Öffnungszeiten; die gedruckte Entsprechung einer vorbehaltlosen Entschuldigung. Klappt so naja. Ich mag ihn trotzdem; und die Schuhe macht er, wenn er sie denn macht, tiptop.)

Noch ein schönes Schild, dieses außen am kleinen Café, in Schreibschrift: Nur Filterkaffee to go!





Eines der hübschesten Dialektwörter sagt T mit Bedauern, als er festellt, der jahrzehntelang alterslose Herr E, den wir von daheim und früher kennen, werde jetzt doch e bissje schrankelisch.

Überhaupt beißt der Dialekt herzhaft zu. Einmal, erzählt T, habe man ihm zugewispert, die und die Person sei e Heeb; später erkundigte er sich: eine Heeb ist ein Gerät zum Entasten von Bäumen.

Unterdes schreibt K Schlimmes: R, Bürgermeister und Auswanderer, Bauer, Tausendsassa, Redner und Geschichtenerzähler in zwei Sprachen: im vergangenen langen Winter irgendwo im Internet falsch abgebogen, verkrachte er sich mit Kindern und Enkeln übers Impfen und ist nun, nach entsetzlichen Wochen auf der Intensivstation, gestorben. Ich hatte ihn gemocht. Er wird vielen fehlen; und wie bitter das ist: es hätte so nicht sein müssen.

Die eisharte Zerbrechlichkeit, gegen die alle Kerzen der Welt nicht helfen.





Das Jahr schreitet voran, ohne daß ich viel davon hätte: einmal geblinzelt, und es ist November. Der hat kalte Wangen und immer die Waldschuhe an. Weitsichtig ist er, aber das ist ihm gleich; und man glaubt gar nicht, wie gekonnt er schlafen legt, was noch unter Grunde wimmelt.

November also, und meine Hose ist zerschlissen. Der Versuch, in der Stadt eine neue (oder auch nur: gebrauchte!) zu kaufen ohne Elasthan, ohne "Tiefschritt" und nicht aus den Achtzigern, beschäftigt mich zwei Tage und endet erfolglos. Dafür muß ich dann doch ins Internet: auf Manomama ist Verlaß.

Derweil kaue ich noch etwas auf "Vor dem Sturm" herum, das ich wohl doch noch im Original lesen muß, und freue mich über einen Bach am Alpenrand, als hätte ich ihn tatsächlich geschenkt bekommen.

Gleich, gleich ist Weihnachten. Ich hoffe, ich komme vorher noch mal vor die Tür.





Die ersten Herbsttage. Nicht mehr weit von Wollpullover bis Heizung. Die Meisen klingen im Frühjahr nach Frühling und jetzt nach kommendem Winter. Die üppigen Zeiten sind vorbei, wo die Wäsche nur einen Tag zum Trocknen brauchte.

Gestern, höre ich, war das Internet down; das war aber das Internet, das mich nicht betrifft. Hingegen hat mein alter Bloghoster mich nun endgültig vor die Tür modernisiert. Administration: ist nicht mehr. Gut, daß ich die Zelte da schon vor Monaten abgebrochen habe.

Ein großes Glas Gärgemüse ist angesetzt, in der Küche riecht es nach Hasenpups. Vier Tage warten.

Ob es kommenden Winter noch mal Schnee gibt?