Freitag, 19. Mai 2017

Kein guter Morgen, wenn man geweckt wird von lautem Schlorchzen aus dem Bad, wo Fremdabwasser sich einen Weg aus der Toilette bahnt.

Schnell jetzt. Im Haus verbreiten: bitte nicht spülen. Den Haupthahn zudrehen, falls einer doch. Klempnernotruf: Firma Nummer drei hat genügend Leute, ja, wir kommen. Halbe Stunde.

Eine, na, noch eine, vielleicht drei halbe Stunden auf das Strömen in den Eingeweiden des Hauses lauschen und auf das Plitsch und Plätsch im Bad. Allerhand Textiles ruinieren. Müllsäcke füllen. T. schickt derweil mitfühlend einen Link zum Lied von Reinhard Mey.

Endlich die Klingel: grimmig stapfen zwei Mann in Rot ins Haus, ohne Umschweife ins Bad. Beide sind kahl und kleiner als ich; einer, echt jetzt, Italiener, der andere sehr von hier. Sie gehen direkt ans Werk.

Das sind die Leute, für die Gummihandschuhe erfunden wurden. Ihr flexibler Bohrer frißt sich durchs Leitungsgekröse, es klingt furchtbar, aber sie unterhalten sich über Fußball; da bin ich beruhigt.

Dauert gar nicht lang, und eine Kamera wird in die Tiefe geschickt. Schattenhaftes, Kurven, dann ein Schwall Wasser: hurra, es läuft, ich kann es auf dem Bildschirm sehen! Die Handwerker teilen meine Begeisterung; die Kamera erspare ihnen, Toiletten abzumontieren.

Schließlich ist vom ganzen Spuk nichts übrig als eine übelriechende Pfütze. Ich überlege kurz, Kaffee anzubieten, aber ich hätte bloß Schokoladenkuchen da.

Später, beim Kaffee mit T., habe ich eine Bäckertüte mit Weihnachtsplätzchenaufdruck und dem Slogan: Endlich Winter! Ein Unglück, meint T., kommt halt selten allein.





Donnerstag, 18. Mai 2017

Das Kind hat seine Lehrerin in Grammatik korrigiert. Nun mag das nötig gewesen sein, doch mangelte es hier an Zartgefühl und Diplomatie. Auf beiden Seiten: das Kind hat seither keine Freude mehr am Unterricht.

Ihm fehlt's an Ehrgeiz. Tut, was es muß, und übersteht den Rest; nach Schlafenszeit liest es sich in andere Welten.





Sonntag, 14. Mai 2017

Von C. habe ich eine kleine Uhr geerbt, meine erste seit, was, dreißig Jahren, die ich der Bequemlichkeit halber in der Hosentasche trage. Manchmal setzt ihr Sekundenzeiger aus, während es irgendwo innen weitertickt, manchmal bleibt sie ganz stehen, und was sie als Datum anzeigt, kommt meist noch oder war schon längst. Die einzig mögliche Uhr für mich: sie belästigt mich nicht mit Zuverlässigkeit. Sie zerstückelt nicht die Zeit, sondern erinnert an sie.

Hier und da entkomme ich in Gedrucktes. Das ging schon leichter, aber manchmal geht es eben doch.

Wetter-/Weltlage: als könnte was Flammendes vom Himmel auf mich fallen, träte ich vor die Haustür. Ich mache stattdessen Wäsche, die Wollsachen, das Beerdigungshemd. Feucht in Form ziehen, liegend trocknen. Einmotten, voller Hoffnung.





Sonntag, 7. Mai 2017

Frühmorgens beobachte ich Krähen. Auf der Autobahn hacken sie auf dem Fahrbahnbelag herum. Wenn Fahrzeuge kommen, staksen sie zum Seitenstreifen und warten hinter der durchgezogenen weißen Linie auf die nächste größere Lücke. Sie leben von den Tieren, die das System nicht kapiert haben. In der Stadt gehört ihnen mitten im Berufsverkehr die Busspur; für den Bus flattern sie kurz in einen der Straßenbäume. Würde mich nicht wundern, wenn die Krähen den Fahrplan auswendig wüßten.

In Bahnhofsnähe trabt mir auf dem Gehsteig ein Hund entgegen, groß, zottig, sehr aufrecht. Zwischen den Zähnen trägt er am zusammengeknoteten Henkel eine Metzgertüte. Er bleibt stehen, dreht sich um, läuft ein paar Schritte zurück, wartet ein wenig und setzt dann seinen Weg fort. Ganz da hinten erkenne ich einen Menschen, das wird der Besitzer sein; aber der Mensch ist langsam, und dieser Hund hat was vor.

Ich zähle Mauersegler hinterm Haus: zwei. Screaming party im Duett. Oh, ich hoffe, es werden noch mehr.





Samstag, 29. April 2017

Für Läufer, vor allem aber wohl für alle anderen: Von der Langstrecke. Ein staubiger, verschwitzter, sehr langer Text.

Ich bestaune das sehr; ich verstehe nicht, wie man so etwas wollen kann, aber doch, jetzt. Ein wenig. Vielleicht.





Nächste Seite